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Die Chancen einer kleinen Gemeinde von Pastor Alex Flor von der Chrischona Gemeinde in Wila /Schweiz | ||||||
Wie gross bist du? Meine beiden Eltern sind eher klein, deshalb ist es auch kein Wunder, dass ich nicht sehr gross bin. Um genau zu sein, bin ich 167 cm gross. Das Thema Grösse beherrschte lange mein Leben. Ich war das "Baby" im Kindergarten und wurde in den Kinderwagen gelegt und gerne von den anderen herumgetragen. In der fünften Klasse sagten meine Mitschüler zu mir nur "Fünfviertel". Wir hatten gerade das Thema Bruchrechnen und ich war exakt fünfviertel Meter gross. Auch später war das Thema Grösse wichtig. Ich wurde 2004 Pastor einer Freikirche in der Schweiz. Damals war die Gemeinde noch recht gross. Wir hatten über 100 Mitglieder und in etwa so viele Gottesdienstbesucher jeden Sonntag. Ich war motiviert, arbeitete viel und versuchte so viel wie möglich zu tun, damit die Gemeinde wuchs. In den
ersten Jahren meines Dienstes starben viele ältere Gemeindeglieder, einige
Familien wechselten die Gemeinde oder zogen weg. Es dauerte seine Zeit,
bis ich merkte: Wir schrumpfen rasant. Bis dahin hatte ich viele Kongresse
besucht, Bücher gelesen und Ideen umgesetzt. Aber ich merkte, mein ganzer
Einsatz hatte nur sehr wenige Auswirkungen. Ich fragte mich: Wie soll es
weitergehen? Was soll ich (noch alles) tun? 2006 hörte ich von einem Kollegen von NGE. Ihn interessierte nicht, welche aktuelle Grösse wir haben. Ihn interessierte auch nicht, dass wir immer mehr Mitglieder und Gottesdienstbesucher verloren. Ihn interessierte, ob wir in Wachstum investieren wollen. Das wollten wir. Ich hoffte, dass er uns sagen würde, was wir tun müssen, um nicht noch mehr Menschen zu verlieren. Er wollte aber zunächst, dass wir den Unterschied zwischen Qualität und Quantität verstehen. Ausserdem war ihm wichtig, dass wir den Zusammenhang zwischen Qualität und Quantität verstehen. Er zeigte uns, dass wir nur dann mehr Gottesdienstbesucher erwarten könnten, wenn wir in die Qualität unserer Gemeinde investieren würden. Und er zeigte uns, dass die Qualität unserer Gemeinde messbar ist. Im Gespräch mit diesem Kollegen schöpfte ich erstmals Hoffnung. Er war fest überzeugt: Wachsen kann jeder! Wie sehr hatte ich mir Wachstum gewünscht und wie oft hatte ich schon gemerkt, dass sich einfach kein Wachstum einstellen wollte.
Wir begannen damit, ein NGE-Profil zu erheben und waren geschockt. Wir hatten als Minimumfaktor "inspirierender Gottesdienst". Bisher war ich davon ausgegangen, dass ich ein grosser Prediger sei. Umso mehr war ich gekränkt, als ich sah, wie meine Predigten ankamen. Ausserdem waren auch andere Punkte des Gottesdienstes noch sehr schlecht entwickelt. Es brauchte drei Jahre, um die Dinge zu verändern, aber es lohnte sich: Wir verloren noch mehr Mitglieder und Gottesdienstbesucher. Nicht alle Mitglieder konnten gut mit den Veränderungen umgehen – vor allem mit dem Umzug aus der alten Kapelle in ein Lagergebäude einer Schreinerei. Heute weiss
ich, dass dieser Prozess wichtig für unsere Gemeinde war. Es war nie meine
Absicht, Leute zu verlieren, aber auch dadurch haben wir jetzt eine
qualitativ bessere Gemeinde. Heute sind wir etwa 50 Mitglieder und Gottesdienstbesucher, aber wir wachsen qualitativ stetig. Das hat dazu geführt, dass wir in den letzten Jahren Bekehrungen erleben durften. Aber es kamen auch Familien aus anderen Gemeinden zu uns. Ich bin immer noch 167 cm gross, aber ich weiss, dass aktuelle Grösse kein Problem ist. Es kommt darauf an, in welche Richtung wir uns entwickeln. Wenn ich heute auf unsere vier Gemeindeprofile aus den vergangenen 10 Jahren zurückschaue, dann merke ich, dass wir, qualitativ gesehen, sehr klein angefangen haben. Wir waren damals zwar eine grössere Gemeinde, aber wir hatten die Anziehungskraft verloren. Wir haben viele kleine Schritte gewagt und uns jeweils darauf konzentriert, was besonders entwicklungsbedürftig war (Minimumfaktor). Ich bin Gott
dankbar, dass ich ein kleiner Pastor in einer kleinen Gemeinde bin. Wir
haben mehr Mitarbeiter als Gottesdienstbesucher. Entscheidend ist aber,
dass jeder merkt, dass er seine Begabung einsetzen darf. Da wir mit
unserem Gottesdienst nicht allen gerecht werden, sind die Leute gefordert,
ihre eigene Spiritualität zu pflegen, statt nur zu konsumieren. Wir haben
aber vor allem gemerkt, wie inspirierend es wirkt, wenn wir viele Menschen
im Gottesdienst einbinden. Dadurch sinkt der Druck auf mich, eine perfekte
Predigt abliefern zu müssen. Obwohl wir weniger Leute sind, als früher,
kommen prozentual mehr Menschen zum Glauben, was mich besonders freut. Sie
finden schnell neue Freunde in unserer Gemeinde, weil wir sonntags wie
eine grosse Familie sind. Man kann sich schlecht aus dem Weg gehen und
muss deshalb auch unangenehme Dinge ansprechen. Was für eine
Chance?! Ich lasse mich gerne begeistern von grossen Veranstaltungen mit viel Licht- und Tontechnik, einer professionellen Band, tollen Videoclips und international bekannten Referenten. Für unsere Gemeinde war aber die Erkenntnis viel hilfreicher, was eine Gemeinde tatsächlich weiterbringt. Hier liegt die Stärke von NGE. Sie eifert nicht einem Modell nach (z.B. grosse Veranstaltungen mit vielen Profis), sondern konzentriert sich auf die Prinzipien, die eine gesunde Gemeinde ausmachen. Diese Prinzipien werden in einer kleinen Gemeinde anders umgesetzt, als in einer grossen, haben manchmal aber eine grössere Auswirkung. (O: Hier wäre es super, wenn es noch ein Beispiel für diese Theorie geben würde) Diese Dynamik zu erleben hat mein Leben verändert.
Meine Oma sagte immer: "Klein, aber oho!" Mein Wunsch für alle kleinen Gemeinden lautet: Nehmt eure Grösse als Chance und investiert konsequent in eure Qualität – der "oho-Effekt" wird sich dann schon einstelle. Alex Flor ist Pastor in der Chrischona Wila in der Schweiz
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